Eine Betriebserlaubnis ist die behördliche Feststellung, dass ein Fahrzeug vorschriftsmäßig ist. Deshalb kann man davon ausgehen, dass jedes unveränderte Motorrad, das vom Hersteller für die Zulassung im Straßenverkehr angeboten wird, auch über eine Betriebserlaubnis verfügt, § 19 Abs. 1 StVZO.
Die Betriebserlaubnis kann jedoch gemäß § 19 Abs. 2 S. 2 StVZO durch nicht genehmigte Änderungen am Fahrzeug erlöschen. Gemeint sind dabei aber nur aktive Änderungen und Umbauten am Fahrzeug, nicht Verschleiß oder unfallbedingte Beschädigung (OLG Karlsruhe Beschluss vom 8. 2. 2006 - 1 Ss 30/05 = NStZ-RR 2006, 187). Insoweit erlischt die Betriebserlaubnis bei
• der Änderung der Fahrzeugart gem. § 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 StVZO (z.B. 125ccm auf 150ccm aufgebohrt - aus dem Leichtkraftrad wird ein Kraftrad)
• die Gefährdung von Verkehrsteilnehmern gem. § 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 StVZO (z.B.l bei Montage von nicht zugelassenen Billig-Bremshebeln aus Fensteraluminium, die beim ersten kräftigen Zugreifen abbrechen können) oder
• einer Verschlechterung des Abgas- oder Geräuschverhaltens gem. § 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO (z.B. bei Montage einer Komplett-Abgasanlage ohne vorgesehenen Katalysator).
Die Vorschrift des § 19 StVZO dürfte zu den unübersichtlichsten und mit Abstand für Laien unverständlichsten Vorschriften des deutschen Rechts gehören. Daher betrifft die nachfolgende Darstellung nur das Erlöschen der Betriebserlaubnis ohne Rechtsfolgen und ist stark vereinfacht. Grund für das Chaos ist, dass die Norm sich eigentlich weniger an Fahrer und Halter, als vielmehr an Hersteller, Importeure und Fachbetriebe richtet.
Die Regelung zum Erlöschen der Betriebserlaubnis in Abs. 2 lautet (auszugsweise):
„(2) Die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs bleibt, wenn sie nicht ausdrücklich entzogen wird, bis zu seiner endgültigen Außerbetriebsetzung wirksam. Sie erlischt, wenn Änderungen vorgenommen werden, durch die die in der Betriebserlaubnis genehmigte Fahrzeugart geändert wird, eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist oder das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird. […].“
Die Erfassung der Änderung der Fahrzeugart ist erforderlich, da das Zulassungsverfahren über technische Aspekte hinaus auch die steuerliche Behandlung, die erforderliche Fahrerlaubnis, vorgeschriebene Untersuchungsfristen bei der Hauptuntersuchung und bestimmte Verhaltensvorschriften betrifft (MüKo StVR/Meyer, 1. Aufl. 2016, § 19 StVZO Rn. 41).
Besondere Schwierigkeiten bereiten Umbauten, die eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern erwarten lassen. Erforderlich ist insoweit ein gewisses Maß an Wahrscheinlichkeit. Eine konkrete Gefahr ist jedoch nicht erforderlich. Dazu gleich noch mehr.
Schließlich erlischt die Betriebserlaubnis durch eine Verschlechterung des Abgas- oder Geräuschverhaltens, also eine Erhöhung der Abgas- oder Geräuschemission.
In Abs. 3 finden sich Ausnahmeregelungen betreffend die Gefährdungsvariante in Abs. 2 Nr. 2. Liegt für eine Änderung am Fahrzeug etwa eine ABE oder EG-Typengenehmigung vor, besteht die Betriebserlaubnis weiter. Schon an dieser Stelle ist zu erkennen, dass die eigentliche Problematik des Erlöschens der Betriebserlaubnis darin besteht, Fahrzeugänderungen technisch korrekt zu beurteilen. Ein Bremshebel, für den eine ABE besteht, ist schon kein Umbau, der eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer im Sinne des Abs. 2 Nr. 2 erwarten lässt. Die Ausnahmevorschrift des Abs. 3 soll also diesbezüglich die Rechtsanwendung in der polizeilichen Praxis erleichtern und Klarheit schaffen. Nachweisunterlagen wie ABE usw. müssen mitgeführt werden (Abs .4 ).
Äußerst schwierig sind demgegenüber Fälle, in denen etwa eine Änderungsabnahme durch eine Prüfstelle erfolgen muss. Die Vorschrift des Abs. 3 lautet insoweit:
„(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 erlischt die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs jedoch nicht, wenn bei Änderungen durch Ein- oder Anbau von Teilen
1. für diese Teile
a) eine Betriebserlaubnis nach § 22 oder eine Bauartgenehmigung nach § 22a erteilt worden ist oder
b) der nachträgliche Ein- oder Anbau im Rahmen einer Betriebserlaubnis oder eines Nachtrags dazu für das Fahrzeug nach § 20 oder § 21 genehmigt worden ist
und die Wirksamkeit der Betriebserlaubnis, der Bauartgenehmigung oder der Genehmigung nicht von der Abnahme des Ein- oder Anbaus abhängig gemacht worden ist oder
2. für diese Teile
a) eine EWG-Betriebserlaubnis, eine EWG-Bauartgenehmigung oder eine EG-Typgenehmigung nach Europäischem Gemeinschaftsrecht oder
b) eine Genehmigung nach Regelungen in der jeweiligen Fassung entsprechend dem Übereinkommen vom 20. März 1958 über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und Teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigung (BGBl. 1965 II S. 857, 858), soweit diese von der Bundesrepublik Deutschland angewendet werden,
erteilt worden ist und eventuelle Einschränkungen oder Einbauanweisungen beachtet sind oder
3. die Wirksamkeit der Betriebserlaubnis, der Bauartgenehmigung oder der Genehmigung dieser Teile nach Nummer 1 Buchstabe a oder b von einer Abnahme des Ein- oder Anbaus abhängig gemacht ist und die Abnahme unverzüglich durchgeführt und nach § 22 Absatz 1 Satz 5, auch in Verbindung mit § 22a Absatz 1a, bestätigt worden ist oder
4. für diese Teile
a) die Identität mit einem Teil gegeben ist, für das ein Gutachten eines Technischen Dienstes nach Anlage XIX über die Vorschriftsmäßigkeit eines Fahrzeugs bei bestimmungsgemäßem Ein- oder Anbau dieser Teile (Teilegutachten) vorliegt,
b) der im Gutachten angegebene Verwendungsbereich eingehalten wird und
c) die Abnahme des Ein- oder Anbaus unverzüglich durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr oder durch einen Kraftfahrzeugsachverständigen oder Angestellten nach Nummer 4 der Anlage VIIIb durchgeführt und der ordnungsgemäße Ein- oder Anbau entsprechend § 22 Absatz 1 Satz 5 bestätigt worden ist; § 22 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.“
Werden bei Teilen nach Nummer 1 oder 2 in der Betriebserlaubnis, der Bauartgenehmigung oder der Genehmigung aufgeführte Einschränkungen oder Einbauanweisungen nicht eingehalten, erlischt die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs.
Bislang ist existiert keine gefestigte Rechtsprechung der Obergerichte zu dieser Frage und die Meinungen in der Fachliteratur gehen erheblich auseinander. Etwa Bernd Huppertz nimmt an, dass die Formulierung „so erlischt die Betriebserlaubnis“ in Abs. 3 Nr. 4 StVZO entgegen Abs. 2 eine eigenständige Regelung enthalte und bewirke, dass bei einem Fahrzeugteil mit Teilegutachten die Betriebserlaubnis unabhängig von einer Gefährdung bereits dann erlösche, wenn nicht unverzüglich eine Änderungsabnahme durchgeführt werde (SVR 2009, 321, 324). Wir teilen diese Auffassung nicht. Nach unserem Verständnis ist der Wortlaut „so erlischt die Betriebserlaubnis“ dahingehend zu verstehen, dass eine Gegenausnahme zum Ausnahmetatbestand des Abs. 3 normiert werden soll. Dafür spricht bereits systematisch, dass es sich bei den übrigen Tatbeständen des Abs. 3 ebenfalls um Ausnahmetatbestände von der Regelung zum Erlöschen der Betriebserlaubnis nach Abs. 2 handelt. Darüber hinaus ist es Sinn und Zweck der Regelung in Abs. 2, sämtliche Fälle des Erlöschens der Betriebserlaubnis zu erfassen. Wie ausgeführt hat Abs. 3 mit seinen Ausnahmetatbeständen in vielerlei Situationen lediglich den Zweck, die Rechtsanwendung zu erleichtern. Gleicher Auffassung ist nunmehr auch der Bundesgerichtshof, wo allerdings „lediglich“ ein Zivilsenat die Frage ohne Bindungswirkung für die für Ordnungswidrigkeiten und verwaltungsrechtlich relevanten Fragestellungen zuständigen Gerichte entschieden hat (BGH, Urteil vom 11.12.2019 – VIII ZR 361/18 = NJW 2020, 1287).
Eine Änderungsabnahme zu unterlassen ist allerdings aus gerade diesem Grund keine gute Idee. Kann nämlich vor Ort nicht beurteilt werden, ob die Betriebserlaubnis erloschen ist, wird eure Fahrt zu Ende sein.